Der erste Sieg nach zwanzig Jahren
- gruenweiss.sg
- 19. Okt.
- 4 Min. Lesezeit
Tom Gaal und Lukas Görtler schiessen die Espen zum ersten Sieg im neuen Wankdorf-Stadion. St.Gallen besiegt damit den Stadion-Fluch und die Young Boys mit 2:1. Die Berner müssen sich mit dem Wort Krise auseinandersetzen, während sich die Ostschweizer an der Tabellspitze halten können.

Fluch gebrochen – endlich ein Dreier in Bern: Zwanzig Jahre lang bleibt das Wankdorf für die Espen ein Alptraum. Heute ist Schluss damit – Endlich! Zum ersten Mal seit März 2005 gewinnt der FCSG in Bern. In diesem Stadion ist es der erste Vollerfolg überhaupt. Und das nicht mal gestohlen. Ja, es braucht etwas Glück – aber mit einem bärenstarken Zigi, einer sattelfesten Defensive und grosser Überzeugung holt sich die Mannschaft von Enno Maassen diese wertvollen drei Punkte.
Zahlen, die für sich sprechen: Die Statistik sieht auf den ersten Blick aus, als hätte YB dominiert: mehr Ballbesitz, mehr Zweikämpfe. Egal! Weil St.Gallen schiesst öfter aufs Tor, holt mehr Ecken und trifft zweimal – und damit zählt, was wirklich zählt. Tore, Herz, Mut.

Reaktion mit Wucht: Nach zwei Niederlagen in Serie glaubt kaum jemand an einen Sieg im Wankdorf. Weshalb auch? Die Geschichte spricht nicht für die Espen. Kaum jemand – ausser dem Trainer und den Spielern selbst. (Ok. Wehrli auch noch.) Trotz zwanzig Jahren Wankdorf-Trauma treten sie auf, als hätten sie nie gezweifelt, die St.Galler. Der Glaube an sich selbst ist ansteckend – und am Ende das, was den Sieg möglich macht.

Starker Auftritt des Schiedsrichters: Feday San leitet die Partie mit sicherer Hand. Er lässt Spielfluss zu, greift aber durch, wenn Ziehen, Stossen, Halten überhand nimmt. Chapeau! Dass Neziri beim verursachten Penalty eine Rote Karte hätte sehen müssen, wird von Experten als eindeutig taxiert. Das trübt die Leistung natürlich ein wenig. YB ratlos, Fans genervt: Der BSC YB bleibt individuell hochklassig, findet aber kaum Mittel, um die dicht gestaffelte Espen-Defensive zu überwinden. Torhüter Keller schlägt ausschliesslich lange Bälle. Chancen entstehen daraus kaum. Nach dem Schlusspfiff pfeift die Ostkurve ihre eigene Elf aus – ein Novum in dieser Saison. Giorgio Contini wirkt bedient, die Geduld in Bern scheint zu schwinden.
YB – FCSG 1:2 (0:0)
Tore: 56' Gaal 0:1, 85' Bedia 1:1, 87' Görtler 1:2.
YB: Keller; Janko (75' Andrews), Zoukrou, Benito, Hadjam; Raveloson, Fernandes; Males (65' Virginius), Gigovic (81' Tsimba), Fassnacht (65' Monteiro); Cordova (65' Bedia).
SG: Zigi; Gaal, Stanic, May; Neziri; Witzig (86' Ruiz), Görtler, Boukhalfa, Okoroji; Vogt (74' Efekele), Balde (79' Vladi).
Wankdorf: 31'500 Fans (ausverkauft)
SR: San; Küng, Müller

Einzelkritik
Zigi: Stark, wie er den Penalty von Fassnacht aus der Ecke holt. Ursprung zum ersten Vollerfolg einer St. Galler Männerequipe im «neuen» Wankdorf. Auch sonst mit einer Topleistung.

Gaal: Sein Jubel nach seinem Tor zum 1:0 sagt wohl alles über den langen Deutschen aus: kurzes Armehochhalten und dann sofort das Team zusammenholen. Die Vorbereiter Witzig und Görtler und den ganzen Rest. Solide Abwehrarbeit und eine hohe Anzahl lange und kurze Pässe, die einen Mitspieler erreichen.
Stanic: Sehr aufmerksam und klar in den Zweikämpfen, stellt seinen Körper immer wieder sehr geschickt in die Rangeleien. Top Leistung!

May: Agiert wie man ihn kennengelernt hat: unauffällig und clever. Auch ersichtlich ist in diesem Spiel, dass er noch einige PS zulegen muss, um sich in Zweikämpfen und Luftduellen gegen Kaliber wie Bedia zu behaupten.
Neziri: Hat einen grossen Anteil an der geglückten Abwehrarbeit der St.Galler. Ist sehr fleissig und umsichtig. Verursacht mit einem Zupfer den Penalty. Hat Glück, dass er nur Gelb sieht.
Witzig: Hat auf der Schienenposition weniger Ballaktionen als gewohnt. Das schadet seinem Spiel jedoch nicht. Seine Defensivaufgaben scheinen seine Sinne zu schärfen. Hat das 2:0 auf dem Fuss! Keller pariert seinen präzisen Abschluss. Später könnte ein optimaler Querpass auf Efekele bereits zur Entscheidung führen.
Okoroji: Gefällt grundsätzlich mit einer Spielweise, die klarer geworden ist. Unaufgeregt erledigt er seine Arbeit auf der linken Seite. Feiner Querpass zu Görtlers Siegestor!
Görtler: Welch Traumauftritt! Ist über die ganze Zeit gut im Spiel, gewinnt viele «zweite Bälle» und Zweikämpfe. Dass er es ist, der zum Schluss den Siegestreffer erzielt, ist eine Geschichte, wie sie eben nur der Fussball schreibt.
Boukhalfa: Welch Laufmonster! Nebst Görtler ein weiteres Kraftwerk im Mittelfeld. Ist oft am Ursprung bei Umschaltaktionen, agiert dann leider meist zu ungenau. Vor der Pause erhält er einen Ball von Witzig aufgelegt, auch hier ist sein Abschluss zu hastig bzw. ungenau. Topszene in der 70., als er Keller beinahe in der nahen Ecke erwischt.
Vogt: Hat den ersten Abschluss, ist weitgehend bissig in den Zweikämpfen. Liefert sich mit YB - Kapitän Benito ein intensives Duell.

Baldé: Lässt dem Betrachter seines Spiels, seiner Art, wie er den Ball behandelt viel Spielraum für Fantasien. Da kann immer was Grosses entstehen, so denkt man. Sein Tempo und seine Ballbeherrschung ist heute ein wichtiges Element.
Malamine: Ersetzt Vogt.
Vladi: Kommt für Baldé. Macht sich schnell nützlich und ist mitbeteiligt am 2:1.
Ruiz (Joel): Kommt für Witzig und sammelt so erste Super League Minuten. Gratulation dazu.
Stimmen zum Spiel


Bild: Cyriac Schnyder
Ton: Marc Baumeler
Text: Marc Baumeler, James Wehrli






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