Endlich auf Augenhöhe?
- gruenweiss.sg
- 6. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Am Samstag sind die Winterthurer zu Gast in St.Gallen. Die Bilanz des FCSG gegen diesen Gegner ist irritierend schwach. Warum einiges im wohl rappelvollen Kybunpark anders sein wird und was den geschmierten FCSG-
Motor noch etwas zum Stocken bringen könnte.

Die Ausgangslage: Es gibt im Fussballgeschäft so einige ungeschriebene Gesetze. Im Reden über Fussball auch. Was Fussballer in Interviews öffentlich zugeben dürfen und was eben nicht. Wir waren müde, wir hatten keine Lust, ich schoss das Tor für mich, ich spielte gegen den Trainer. Sätze, die ein Spieler eher nicht äussert. Im Interview mit gruenweiss.sg nach dem Servettespiel passierte es wieder einmal: Alessandro Vogt, der Senkrechtstarter im St. Galler Sturm nannte den FCW «Angstgegner». Und es sei ihm verziehen. Die meisten dürften sich dabei nicht allzu viel gedacht habe. Das Team aus der Stadt, die mit W beginnt. Es hat uns zu oft genervt. Letzte Saison gewannen die Espen einen von zwölf möglichen Punkten. Die Saison zuvor waren es auch nur vier. Dieser Leistung des Underdogs gebührt auf alle Fälle Respekt. Nach zwei Siegen und 180 Minuten überzeugender Fussballleidenschaft sind alle gespannt, wie sich die St. Galler gegen ebendiese Winterthurer schlagen. Spannend: nach den ersten beiden Runden sagt die Ballbesitzstatistik: FCW 39.7%; FCSG 37,4%. Man darf gespannt sein, wer sich den Ball öfters vom Fusse halten kann, um dann im richtigen Moment zuzuschlagen.
Der Gegner: In Lausanne schenkten sie zweimal eine Führung her und verloren 2:3. Gegen YB holten sie einen Punkt. Mit Beyer spielt im Sturm neu ein Energiespieler, der gegen Lausanne auch gleich traf. Er bildet mit Gomis zusammen ein interessantes, gefährliches Sturmduo. Das Team lebt von seinem Kitt und agiert in taktisch einfachen Mustern. Familiär verteidigen, schnell umschalten, vertikal spielen. Vor Jahresfrist hat es diesen Weg etwas verlassen. Uli Forte gelang die Korrektur und der Klassenerhalt. Die ersten beiden Auftritte lassen den Schluss zu, dass die Winterthurer bereits zu Beginn der Saison diese Geschlossenheit besitzen und sie ein mühsamer Gegner für alle SL-Teams sein können.

Die Espen: Wir sind begeistert! Der neue FCSG bringt all das auf den Platz, was das St.Galler Fussballherz begehrt: Intensität, Einheit und Verbundenheit. Es ragen einzelne Spieler heraus, keiner fällt ab. Watkowiak mit Präsenz, starken Reflexen, weiten Abschlägen und einer bestechenden Fehlerarmut. Neziri mit dem Gefühl fürs Spiel, gesunder Aggressivität und top Eckbällen. Vogt mit Kraft, Wucht, Unerschrockenheit und Torgefahr. Erinnert nicht etwas an Demirovic? Boukhalfa mit Laufvolumen, Zweikampfhärte und Umsicht. Geubbels mit Lust, Torgier und Klasse. Auffallend ist die Körpersprache der Mannschaft. Wie viele Spieler in brenzligen Situation, vor Standards beispielsweise, Verantwortung übernehmen, kommunizieren, sich einbringen, ist im Vergleich zum letzten Jahr frappant und nährt Hoffnung auf weitere Erfolge.
Die Prognose: In den letzten Duellen war oft bereits zu Beginn zu spüren, dass die Winterthurer den St.Gallern mental überlegen sind. Auf eine ganz eigenartige Weise schien allen Beteiligten – auch den Zuschauenden – klar, dass die schlauen, kleinen Winterthurer den spielerisch besseren St.Gallern ein Bein stellen werden. Dieses Narrativ lässt sich diesmal nicht spinnen. Zu sehr besinnen sich die St.Galler grad selbst auf die besagten Urtugenden des Fussballs. Bringen sie diese am Samstag, ab 18 Uhr auf den Platz, kann der Sieger am Ende nur der FCSG sein. Unser Tipp: 4:1.
Mögliche Störung: Es gibt ein Szenario, in dem das erarbeitete St.Galler Verständnis zumindest teilweise ins Wanken gebracht werden könnte. Die Verantwortlichen rechnen nach den Leistungen von Willem Geubbels mit einer unruhigen Woche. Sollte er just vor dem Spiel wegtransferiert werden, könnte das am Selbstvertrauen der Mannschaft nagen.

Bild: Cyriac Schnyder Text: James Wehrli
Redaktion: Marc Baumeler
Comments