Wenn der FCSG diesen Sonntag um 14:15 Uhr in der Swissporarena gegen Luzern antritt, darf eine Partie mit besonderer Intensität erwartet werden. Der Historienrucksack dieser Begegnung wurde zuletzt mit weiteren Inhalten gefüllt.

Die Ausgangslage: Ja, diese vielzitierte Heimniederlage gegen die Innerschweizer. 2:0-Führung zur Pause und dann spielen die Luzerner ihre gefühlt beste Halbzeit seit Jahren. Wuchtig, entschlossen, gradlinig, zielstrebig. Es war bis auf die Pressetribüne hoch zu spüren: die wollen das Ding noch drehen. In der 88. Minute traf Dorn zum 3:2-Sieg. Trainer Frick jubelte wie ein Skifahrer, der endlich Kitzbühel gewann. Es muss ein besonderer Moment gewesen sein. Besondere Moment dauern aber auch nicht ewig. Mit je vier Punkten sind beide Teams gut aus der kurzen Winterpause gekommen. Mit einem Sieg könnten die Innerschweizer die St. Galler auf sieben Punkte wegschieben. Das gilt es aus St.Galler Sicht zu vermeiden.
Der Gegner: Die Luzerner sind zuhause schwächer als auswärts. Da sind sie gar die Ligabesten. Diese Saison gab es Heimniederlagen gegen Servette, Lugano und Yverdon. Der Rasen ist schlecht – wie an so vielen Orten der Super League zu dieser Jahreszeit. Die Luzerner sind physisch anstrengend zu bespielen. Sie haben seit der Winterpause die Offensivkräfte Grbic und Karweina wieder zurück im Team. Beide trafen zuletzt beim Sieg gegen Zürich. Eine Denkaufgabe dürfte Trainer Frick für seine Innenverteidigung haben: Ismail Beka, in Frauenfeld geboren und beim FC Wil gross geworden, fällt nach einem genesenen Kreuzbandriss erneut für rund zwei Monate aus. Und gemäss Blick soll Luca Jaquez per sofort zu Lille wechseln.
Die Espen: Wir haben im letzten Podcast unserem Optimismus Ausdruck verliehen und gesagt, dass wir uns die Mannschaft bis zum Schluss im Titelrennen vorstellen können. So weit sehen wir uns noch nicht bestätigt, das ist klar. Was jedoch deutlich spürbar ist: Die St. Galler sind wieder spritzig und gallig wie in der Frühphase der Saison. Da sind zahlreiche Sprints in die Tiefe auszumachen. Witzig, Csoboth und auch Geubbels dehnen die gegnerischen Abwehrreihen durch. Gute Tiefenzuspiele von Görtler, Stevanovic oder Toma können Schaden anrichten. Dennoch hat das Team sowohl gegen Servette als auch gegen Lausanne noch nicht restlos überzeugt. Im Mittelfeld müssen noch ein paar Zweikämpfe mehr gewonnen werden. Etwas, was gegen die kampfstarken Luzerner besonders wichtig scheint.
Die Prognose: Luzern kann nicht zwei Heimspiele infolge gewinnen. St.Gallen ist im Aufwind und spürt den Nsame-Boost. 2:1 Ausswärtssieg!

Nsame: Dass ein fünffacher Schweizermeister, zweifacher Cupsieger und dreifacher Torschützenkönig zu St.Gallen wechselt, gab es noch nie. Der Lohn kann es nicht sein, der den Ausnahmestürmer nach St.Gallen lotst. Das Budget sei eingehalten worden, heisst es. Der Name Jean-Pierre Nsame weckt Fantasien und schwächt unseren Optimismus gewiss nicht. Er wird nun über Kurzeinsätze und knackige Trainingseinheiten ins Team reinkommen müssen. Als Figur kann er St.Gallen gar für die nächsten Jahre mitprägen. Seine Persönlichkeit ist nebst seiner Abschlussstärke mit ein Grund für seine Verpflichtung. Nsame ist ein absoluter Vollprofi und aber auch einer, der eine stringente Führung will und braucht. Trainer, Sportchef und Präsident sollten sich einig sein, dasselbe meinen und sagen. Genau das erhält Nsame hier in St.Gallen. Vier Monate lang haben nun beide Parteien Zeit sich kennenzulernen. Dann könnte der gemeinsame Weg weitergehen.
Kadersituation: Die Phase ist grad heiss. Mit der Ankunft von Nsame könnte die Spielzeit von Akolo weniger werden. Zudem dürften Cisse und Mambimbi – siehe Lausanne – aktuell vor ihm sein. Gut möglich, dass Akolo, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, auf mehr Spielzeit woanders setzt. Die Situation der vier Innenverteidiger scheint ebenfalls herausfordernd. Ambrosius und Stanic haben die Nase grad vorn, Vallici hat den Vertrag verlängert und bleibt so oder so ein wichtiger Teil der Mannschaft. Diaby war in den ersten beiden Spielen nicht auf dem Platz. Auch er dürfte sich wohl zwangsläufig Gedanken zu seiner Spielzeit in der Rückrunde machen. Victor Ruiz wusste zuletzt bei seinen Kurzeinsätzen zu gefallen. Allerdings ist die Saison in Gänze für den Spanier nicht wunschgemäss gelaufen. Seine Situation verkompliziert sich zusätzlich, wenn der zuletzt absolut überzeugende Konietzke nach seiner Verletzung zurückkehrt. Je nach dem, was auf der Abgabeseite passiert, könnte es auch nach dem Nsame-Transfer noch zu Zuzügen kommen. Zum einen als Soforthilfe, zum anderen aber vielleicht auch als Vorgriff auf die kommende Saison.
Bild: Franz Schefer
Text: James Wehrli
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