13 Spiele hat man in der Fremde nicht mehr gewonnen. Journalist:innen und Fans rangen um Erklärungen. Spielvorbereitungen wurden durchleuchtet, Tageszeiten verglichen, psychologische Erklärungen gesucht. Und nun das: St.Gallen schlägt SLO auf der nassen Pontaise mit 5:2.
Aufreger: St.Gallen startet kraft- und lustvoll, zeigt zum Auftakt sein Heimgesicht. Die Führung durch Akolo ist folgerichtig. Was sich danach bis zur Pause ereignet, ist unter «Makel» nachzulesen. Plötzlich ist man also hinten und sofort schreit es wohl in allen St.Galler Köpfen: Auswärtsschwäche! Wie die Mannschaft jedoch aus der Pause kommt, ist vom Feinsten: Innerhalb von nur 9 Minuten produziert sie drei Tore und wendet das Blatt zum Guten. SLO wird überfahren und ist zu keiner Reaktion mehr fähig. Wobei: Es gibt sie schon noch, die Szene, die das Spiel nochmals scharf hätte machen können: Vallci schmeisst sich in einen Schuss, bei dem Zigi machtlos wäre. Zum Schluss trifft Krasniqi und markiert damit sein erstes Super League Tor. Yeah, es ist geschafft. Erster Auswärtssieg!
Makel: 30 Minuten Überlegenheit und eine knappe Führung reichen dieser Mannschaft offenbar, um sich ihrer Sache zu sicher zu sein. Diesen Eindruck kann das Nachlassen vor der Pause jedenfalls erwecken. «Schlendrian» könne man es auch nennen, er werde es der Mannschaft mitteilen, sagt Peter Zeidler im SRF – Interview. Erschreckend, wie einfach SLO zu zwei Toren kommt. Dabei sticht ins Auge, dass St.Gallen bei beiden Gegentoren schlicht zu wenig Personal hinter den Ball bringt. Man schaue sich das zweite Gegentor an. Drei Verteidiger stehen drei Offensiven gegenüber. Die Hintermannschaft erhält in dieser Phase keine Unterstützung vom Mittelfeld.
Schiedsrichter: Luca Cibelli war uns in farbentrüber Erinnerung vom Winterthur-Spiel. 15 gelbe Karten zeigte er da. Heute bleibt er im Rahmen: 5 gelbe und eine rote Karte gegen SLO und nur eine gelbe für St.Gallen (Schmidt). Er zeigt eine tadellose Leistung. Die Penaltyszene erkennt er ohne VAR.
skurril: Eltern und Lehrpersonen wissen: Über Sinn und Arten von Strafen kann man ganz fest diskutieren. SLO - Trainer Anthony Braizat sitzt eine Sperre ab. Wie alle sehen können, sitzt er nicht. Er steht hinter der Pressetribüne, hat eine Art Funkgerät in der Hand und einen Knopf im Ohr. Der direkte Draht zu seinen Assistenten. Er kann jederzeit Anweisungen übermitteln. Als Zuschauer wundert man sich etwas. Das Ganze sei legal, heisst es von offizieller Seite. Bei Trainerstrafen gebe es verschiedene Abstufungen. Braizat hat offenbar die niedrigste Stufe erwischt.
abseits: Es ist alt, es ist ein bisschen ehrwürdig und es bietet eine traumhafte Aussicht auf den Genfer See. Das Stade Olympique de la Pontaise. Irgendwie aus der Zeit gefallen und trotzdem schön. Ganz im Gegensatz zur Kulisse. Rund zweitausend Zuschauer passen nicht zu einem Super League Spiel. Hätten nicht so viele grünweisse Fans den weiten Weg unter die Räder genommen, wärs einem Geisterspiel gleich gekommen.
FC SLO – FCSG 1879 2:5 (2:1)
Pontaise – 2'250 Zuschauer – SR Luca Cibelli (VAR Nico Gianforte).
Tore: 17. Akolo 0:1, 35. Mulaj (Qarri) 1:1, 43. Mulaj (Ajdini) 2:1, 48. Schmidt (Toma) 2:2, 54. Geubbels (Pen.) 2:3, 57. Hajrulahu (Eigentor) 2:4, 85. Krasniqi (Toma) 2:5.
Lausanne-Ouchy: Da Silva; Gassama (58. Camara), Kadima, Hajrulahu (Cap.), Ouedraogo (64. Heule); Qarri, Akichi, Bayard (78. Essiam); Garcia (64. Gharbi), Ajdini (78. Hadji), Mulaj.
St.Gallen: Zigi (Cap.); Zanotti, Stanic, Vallci, Schmidt; Karlen (84. Fazliji), Stevanovic, Toma (87. van der Venne); von Moos (70. Krasniqi), Geubbels (70. Möller), Akolo (70. Mambimibi).
Verwarnungen: 11. Qarri (Foul), 12. Gassama (Foul), 22. Ouedraogo (Foul), 66. Akichi (Reklamieren), 90. Schmidt (Foul).
Bemerkungen: Lausanne-Ouchy ohne Trainer Braizat (gesperrt), Pos, Abi, Obexer, Tsoungi, Abdallah, Danho, Vachoux (alle verletzt/krank), Renoud, Noverraz, Eberhard, Mahmoud (alle nicht im Aufgebot). St.Gallen mit Watkowiak, Janitzek, Sutter, Mambimbi, Möller, Fazliji, van der Venne, Okoroji, Krasniqi (Ersatzbank) und ohne Schubert, Quintillà (beide gesperrt), Diaby, Görtler, Guidotti, Witzig (alle verletzt), Dumrath, Nuhu, Lüchinger (alle nicht im Aufgebot). – 94. Rote Karte für Hadji (grobes Foul).
Einzelkritik
Zigi: Hat nicht seinen besten Tag. Lässt in der 21’ einen Querpass durch den Fünfmeterraum zu, der um ein Haar den Ausgleich bringt. Erhält das 1:1 in die nahe Ecke. Sieht dabei unglücklich aus. Gegen Qarri hält er dann aber dicht.
Zanotti: Nach so viel Lob vor einer Woche spannend zu sehen, wie der junge Mann reagiert. Viel Zug nach vorne. Verpasst das 3:2. Kann Mulajs Abschlüsse jeweils nicht blockieren.
Stanic: Solide Leistung. Blockt Schüsse, gewinnt Zweikämpfe, seine Zuspiele sind risikoarm und finden ihre Bestimmungen. Bei den Gegentoren machtlos.
Vallci: Ist beim zweiten Gegentoren mitbeteiligt, aber auch er wird alleine gelassen. Insgesamt eine ordentliche Leistung.
Schmidt: Der Beste!
Toma: Hat bei allen Toren seine Füsse im Spiel. Das ist top! Ihm misslingt aber auch einiges. Vor allem in der schwachen Phase vor der Pause wünschte man ihn sich umsichtiger.
Stevanovic: Ihm gelingt ein gutes Startelfdebüt. Er gewinnt die Mehrheit seiner Zweikämpfe und kann sich spielerisch in Szene setzen. Verlagert das Spiel immer wieder gut und löst engräumige Probleme im Zentrum routiniert.
Karlen: Wie schon gegen GC mit einem guten Auftritt. Erobert viele Bälle und findet immer wieder Räume und Mitspieler. Und ja, das vor der Pause muss auch er mittragen.
von Moos: Er ist bemüht und er rackert. Tritt den Eckball zum vierten Tor. Sucht aber sein Tor, ist noch nicht in Bestform.
Geubbels: Bereits in der ersten Halbzeit mit guten Szenen. Aktiv und auffällig. Beim Elfmeter mit lebendiger Entschlossenheit, die gefällt. So muss man diese Bälle versorgen.
Akolo: Wie schon gegen GC der wichtige 1:0 Torschütze. Auch sonst ein aktiver, auffälliger Auftritt in der ersten Halbzeit.
Krasniqi: Weiss mit seinem ersten Super League Tor auf sich aufmerksam zu machen.
Mambimbi, Möller, Fazliji und van der Venne greifen auch noch ins Spiel ein. Das Spiel war schon fast in trockenen Tüchern. Die Einwechslungen haben dem Team aber nochmals etwas Luft verschafft. St.Gallen ist näher am nächsten Tor – auch dank der frischen Kräfte von der Bank.
Stimmen zum Spiel
Bilder zum Spiel
Bild: Franz Schefer, Manuel Nagel
Text: James Wehrli
Ton: Ralph Weibel, Marc Baumeler
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